Die mutigste Ehefrau von allen ist mit unseren drei Töchtern alleine nach Tiberias, zum See Genezareth, gefahren und hat David und mich alleine zu Hause gelassen! David hat Schule und ich arbeite von zu Hause. Aufmerksame Leser dieses Blogs haben sicherlich bereits bemerkt, dass mich das Vatersein sehr anstrengt und ich mich gerne über meine Kinder beschwere. Jetzt habe ich einige Tage Urlaub von den kleinen Terroristen und bin überglücklich!
Normalerweise ist der Morgen der stressigste Teil des Tages. Die Kinder müssen angezogen und zum Frühstücken gezwungen werden. Dann Zähneputzen, Zöpfe machen (jeden Tag eine andere Variante) und Brote und Snacks für die Schule vorbereiten.
Aber heute, an meinem ersten Tag in Freiheit, war alles anders. David hatte das Haus bereits verlassen als ich aufstand und ich wandelte wie im Traum durch die Wohnung und schaute in alle Ecken, ob sich nicht doch meine Kinder irgendwo versteckt hatten und mir nur einen Streich spielten. Nein, ich war wirklich ganz alleine zu Hause!
Nicht nur das, die Wohnung ist auch sauber. Gestern wurde sie geputzt und heute ist sie immer noch sauber. Das Wohnzimmer ist nicht mit tödlichen Legos vermint, ich werde nicht von amputierten Barbies angestarrt, die mich mit ihren Blicken anflehen, ihrem Leid ein Ende zu bereiten, es ist einfach schön in einem sauberen Haus zu leben.
Ich habe noch einige Tage Urlaub von der Familie und werde sie voll ausnutzen, indem ich nichts tue. Natürlich muss ich arbeiten, aber damit werde ich schon fertig.
Der Tacheles des Lebens
Leider besteht der Tacheles, also die Aufgabe des Menschen, nicht darin alleine zu sein und das Leben zu genießen. Stattdessen wurde uns geboten: „Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde“. Unsere Weisen leiten aus diesem Vers die Verpflichtung ab, Kinder zu zeugen, mindestens einen Jungen und ein Mädchen, aber am besten so viele wie möglich. Wenn man die Kinder dann gezeugt hat, muss man sich wohl oder übel auch um sie kümmern und eine ganze Reihe weiterer Gebote treten in Kraft: Ernährung, Erziehung und Verheiratung.
In einem anderen Vers heißt es: „Es ist nicht gut, dass der Mann allein sei; ich will ihm gegenüber eine Gehilfin machen.“
Meine aktuelle Situation ist also nicht gut für mich, auch wenn sie sehr angenehm ist. Meine Gehilfin hat mir einige Tage Urlaub beschert, aber das ist langfristig kein guter Zustand für mich. Auch wenn eine Familie sehr anstrengend ist, ist es doch eigentlich, irgendwie, theoretisch, im großen Rahmen betrachtet, schön sie zu haben und ich werde sie sicherlich (hoffentlich) auch bald vermissen.
Außerdem kann man das „ihm gegenüber“ aus dem Vers auch als „gegen ihn“ (kenegdo) übersetzen und mit diesem Verständnis wird die große Wahrheit ausgesprochen, dass die Ehefrau eine Herausforderung für den Mann darstellt. Durch den täglichen Umgang mit einer Frau, die für uns Männer ein unlösbares Mysterium ist, lernen wir wichtige Charaktereigenschaften wie Geduld, Sanftmut und viele weitere. Vor allem aber Geduld. So etwas lernt man nicht, wenn man alleine lebt und sich mit Freunden umgibt.
Das gleiche gilt auch für unsere Kinder. Hatte ich schon Geduld erwähnt?
Es ist also gut, dass mein Urlaub von der Familie nur ein Urlaub ist und ich bald wieder herausgefordert werde. Bis dahin genieße ich noch die Ruhe zu Hause.
Das wars für heute, ich habe mich schon genug angestrengt. Es ist Zeit fürs Nixtun.