Neues Update aus Bet Shemesh

Günstiges Einkaufen auf dem Parkplatz auf Vertrauensbasis.

In der letzten Woche feierten wir Pessach, das Fest der Freiheit. Über den Balagen, der an diesem Feiertag vor sich geht, habe ich letztes Jahr berichtet.

Es ist aber immer wieder erstaunlich, wie die jüdischen Feiertage auf unsere Psyche wirken. Vor der Pessachwoche mussten wir viel putzen, einkaufen, Kinder unterhalten und viele weitere stressige Dinge tun, wie das Kaschern von Küchengeräten. Es war wirklich sehr anstrengend, auch weil die fleißigste Ehefrau von allen und ich natürlich weiterhin arbeiteten.

Als dann endlich Pessach begann, war die Arbeit zu Ende und ich fühlte mich wie befreit, genau das Gefühl, das wir am Pessach haben sollen. Nach der Freiheit begann jedoch der Hunger, denn viele unserer Lieblingsgerichte, wie Pizza, Pasta, Brot und Borekas beinhalten Chametz, das während dieser Woche verboten ist. Unsere Auswahl an Nahrungsmitteln war also sehr eingeschränkt und neben der Matze mit Schokoaufstrich oder Schmierkäse ernährten wir uns hauptsächlich von Würstchen mit Pommes.

Es schmeckt, wie es aussieht.

Als Pessach zu Ende war, stürmten alle Israelis die Supermärkte, Bäckereien und Pizzerias und kauften ihr langersehntes Chametz. Auch ich schleppte eine große Einkaufstasche mit Pasta nach Hause, die wir in dieser Woche täglich essen werden.

Einkaufen, ohne zu zahlen

In der Woche vor Pessach haben wir zum ersten Mal an einer Verkaufsaktion von Mischnat Joseph teilgenommen, die auf einem Parkplatz in unserer Straße stattfindet. Mischnat Joseph ist eine von mehreren orthodoxen Wohltätigkeitsorganisationen, die versuchen, uns das finanzielle Leben zu erleichtern.

Zuerst bestellt man dort seine Produkte, wie in einem normalen Online-Shop und zahlt mit Kreditkarte, aber anstatt nach Hause wird der Einkauf an einen bestimmten Ort in der Nachbarschaft geliefert. Alle Bestellungen wurden in unserem Fall auf einen Parkplatz gestellt, in ihren Paletten, Kisten und Kartons. Die Kunden haben eine Liste ihrer Produkte in der Hand und suchen sich alles selbst zusammen. Es ist alles ein großer Balagan, da niemand weiß, wo die Avocados liegen, oder die Kisten mit dem Traubensaft. Eine große Menschenmenge läuft mit Zetteln vor den Augen verwirrt auf dem Parkplatz umher.

Der junge Mann kann seine Avocados nicht finden.

David und ich haben zusammen jedoch relativ schnell alles gefunden und sind dann einfach mit unserem Einkaufskorb nach Hause gegangen. Niemand hat uns geprüft, oder unsere Liste mit den Produkten im Einkaufskorb verglichen, es gab überhaupt niemanden von der Organisation. Die Produkte wurden auf dem Parkplatz abgelegt, jeder nahm sich, wofür er im Voraus bezahlt hatte und ging nach Hause. Natürlich kam uns nicht der Gedanke, etwas mitzunehmen, das wir nicht bestellt hatten, aber es war schon ein merkwürdiges Gefühl, so ein Vertrauen zu erleben.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie so etwas in Hannover, wo ich aufgewachsen bin, funktionieren könnte. Mischnat Joseph gibt es in vielen Städten Israels und es scheint auf dieser Vertrauensbasis gut zu funktionieren. Ich weiß nicht, ob man daraus etwas über das jüdische Volk oder die orthodoxe Gesellschaft schließen kann, aber es wäre schön, wenn man es könnte.

Das ist jedoch noch nicht alles, denn es handelt sich hier nicht um ein Unternehmen, sondern um eine Wohltätigkeitsorganisationen, die die Produkte zum Einkaufspreis anbietet. Alle Mitarbeiter sind Freiwillige und es werden nur einige Schekel an Verwaltungs- und Operationskosten zur Rechnung hinzugefügt. Ich habe es nicht genau berechnet, aber der Einkauf über Mischnat Joseph könnte ein Drittel günstiger sein als in einem normalen Supermarkt.

Der Krieg

Und da ist noch das leidige Thema des unendlichen Kriegs in Gaza. Unsere Gegner im Gazastreifen, im Libanon und im Jemen scheinen am Boden, aber wir scheinen trotzdem noch weit von einem Sieg entfernt zu sein.

In Gaza muss man die Ratten anscheinend einzeln aus ihren Löchern entfernen, aber muss wegen den Geiseln vorsichtig vorgehen. Im Libanon wird es wohl kein Ende der Hisbollah geben, die im Grunde nur durch das libanesische Volk entfernt werden kann. Und im Jemen bekommen die Huthi zwar einige amerikanische Bomben auf den Kopf, aber sie werden sich wieder neuformieren, sobald die Bombardierung endet.

Angeblich soll der Iran hinter all diesen Feinden stecken und wenn man dort einen Regimewechsel oder zumindest ein Ende der Feindschaft erreicht, sollten auch Israels Terror-Nachbarn mit ihren Feindseligkeiten aufhören. Zurzeit versucht US-Präsident Trump jedoch den diplomatischen Weg mit dem Iran und man fürchtet in Israel, dass er sich wie ein Tourist auf dem Basar von den Persern um den Finger wickeln lässt.

Trotz unserer Erfolge fühlen wir uns in Israel also etwas desillusioniert. Kann es denn keinen wahren Frieden geben? Müssen wir uns in einem ständigen Krieg mit Mächten befinden, die uns auslöschen wollen?

Das bringt uns zurück zu den jüdischen Feiertagen, denn hier lernen wir, dass unsere aktuelle Situation nicht neu ist. Auch in den schwierigsten Zeiten gibt es noch Hoffnung auf Erlösung. Wie Rabbi Gerzi gerne sagt, ist es nicht die Aufgabe des kleinen Juden, sich über geopolitische Probleme den Kopf zu zerbrechen. Vielmehr muss man in seinem kleinen Kreis tun, was richtig und gut ist und sich und sein Umfeld dadurch „vergöttlichen“.

Hat dir der Text gefallen?

Diesen Text teilen

Facebook
Twitter
Pinterest

Weitere Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Skip to content