Kriegsmüdigkeit und Heldengeschichten für Kinder

Nach über zwei Monaten Krieg, geht meine Stimmung in eine Art Kriegs-Melancholie über. Jeden Tag sterben unsere Soldaten in Gaza und jeden Tag nimmt der Druck aus dem Ausland zur Beendigung der Offensive zu. Auch kommen immer mehr schreckliche Geschichten über die Ereignisse des 7. Oktober und die Behandlung der Geiseln ans Licht, während sich Juden weltweit vor Antisemiten fürchten müssen.

Es ist sehr deprimierend, jeden Tag mit solchen Geschichten konfrontiert zu werden. Dabei kann ich mich noch sehr glücklich schätzen, keine Betroffenen in meiner Familie und meinem Freundeskreis zu haben.

Auch ist Bet Shemesh einer der sichersten Orte bei Raketenangriffen. Wir hatten am Schabbat seit langer Zeit wieder einen Raketenalarm als ich in der Synagoge war, aber ansonsten geht das Leben fast normal weiter.

Das Wetter ist ebenfalls sehr gut. Die Sonne scheint bei fast 20 Grad, aber irgendwie hängt eine unsichtbare dunkle Wolke über mir und es fällt mir schwer fröhlich zu sein.

Die Kinder lesen keine Nachrichten und widmen sich ihrer neuen Mission, viel Geld zu machen. Heute Morgen haben wir lange darüber diskutiert, wieviel ich ihnen für eine Autowäsche zahlen muss. Als die drei Mädchen zur Schule losfuhren, standen die Verhandlungen bei 2 Schekel pro Person für die Außenwäsche und drei Schekel pro Person für die Innenreinigung von all dem Schmutz, den sie dort hingeworfen haben.

Aber zurück zum Krieg. Ich bin auf eine Facebook-Seite gestoßen, die „The Heroes of October 7th“ heißt. Wie der Name sagt, werden dort Geschichten über Heldentaten von Israelis am 7. Oktober erzählt, jedoch in einer Sprache, die für Kinder geeignet ist.

Ich weiß nicht, ob ich meinen Kindern diese Geschichten vorlesen, oder sie nicht mit diesen traurigen Ereignissen belasten soll. Ich denke, dass sie sich mit dem Volk identifizieren sollten, aber ich will unseren sensiblen Girlies auch keine Angst machen. Wie immer wird die pädagogischste Ehefrau von allen wissen, was zu tun ist. Hier ist erstmal eine Übersetzung einer Heldengeschichte:

Yedidya – Der Vater, der Leben rettete

Es war die Nacht von Simchat Tora. Im Kibbuz Kerem Shalom waren die Tanzrunden fast zu Ende. Fast zwei Stunden lang hatten alle im Kibbuz zusammen getanzt – ältere Bewohner mit jüngeren Bewohnern, Teenager mit kleinen Kindern und Babys. Yedidya Raziel hielt seine zweijährige Tochter Hadar-Zion während des gesamten Tanzes in seinen Armen. Er hüpfte mit ihr höher und höher und sang mit einem strahlenden Lächeln: „Am Yisrael Chai!“ Die ganze Menge folgte dem Ruf, jubelte und tanzte: „Am Yisrael Chai… Am Yisrael Chai!“

Am nächsten Morgen von Simchat Torah schliefen viele der Kibbuzmitglieder noch friedlich, als plötzlich ein Knall zu hören war. Schüsse und Explosionen erschütterten die Häuser, und im ganzen Kibbuz heulten die Sirenen. Yedidya zögerte nicht einen Moment. Er schnappte sich seine Waffe und ging nach draußen. Wenige Minuten später befand sich Yedidya inmitten eines gefährlichen Schlachtfelds. Terroristen, die als israelische Soldaten verkleidet waren, waren in den Kibbuz eingedrungen. Wie sollte er sie von den echten Soldaten unterscheiden können?

Während Yedidya gegen die Terroristen kämpfte, fiel es ihm plötzlich auf: Die israelischen Soldaten, die zu Hilfe kamen, trugen Helme, während die Terroristen nichts auf dem Kopf hatten! Sein Gesicht hellte sich auf und er sendete sofort eine Nachricht über Funk: „Achtung! Die Terroristen tragen keine Helme!“ Diese wichtige Erkennungstechnik erwies sich im weiteren Verlauf des Kampfes als lebensrettend.

Zwischen zwei Schießereien ging Yedidya unter dem Fenster des „Schutzraums“ seines Hauses vorbei. Im Vorbeigehen rief er seiner Frau Shira zu: „Mir geht es gut! Allen geht es gut!“ Er wusste, dass sie sich Sorgen machen würde.

Eine gefühlte Ewigkeit lang verhinderten Yedidya und seine Freunde, dass die grausamen Terroristen in die Häuser einbrachen und den Bewohnern des Kibbuz Schaden zufügten. Nach sechs langen Stunden des Kampfes hatten sie die meisten Terroristen, die eingedrungen waren, ausgeschaltet. Doch leider wurde Yedidya im Kampf angeschossen und getötet.

„Mein Vater hat immer Witze gemacht und mit mir die Mischna gelernt“, sagt sein siebenjähriger Sohn Tzuri. „Und er hat mir die schönsten Ideen über den Wochenabschnitt der Tora erzählt!“, fügt seine fünfjährige Tochter Tair hinzu. Seine Frau Shira fügt hinzu: „Obwohl Yedidya ein Familienmensch war, der das Leben liebte, entschied er sich, im Kampf zu sterben, um so viele Familien zu schützen. Dank ihm wurden wir gerettet, und wir konnten den Kibbuz zusammen mit den anderen Familien unversehrt verlassen.“

Mit den Anleitungen der Facebook-Seite für Eltern, kann ich es vielleicht wagen, die zerbrechlichen Seelen meiner Töchter mit dem Krieg zu belasten. Wenn es die fürsorglichste Ehefrau von allen erlaubt, werde ich unseren Mädchen heute Abend eine der besser verdaulichen Geschichten vorlesen (ohne sterbenden Vater) und in einem zukünftigen Beitrag beschreiben, wie es lief.

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