Vor etwa einem Monat crashte meine Website aufgrund eines Virus. Zuerst habe ich versucht, sie selbst wieder zu reparieren, aber nach einigen Tagen musste ich aufgeben und einen professionellen Webdesigner engagieren.
Jetzt funktioniert die Seite wieder und ich werde mich voll ins Bloggen stürzen, seid also auf jede Menge spannender Beiträge vorbereitet. Ich würde gerne euer Feedback über das neue Design hören. Ehrlich gesagt, fand ich die Seite früher hübscher, aber ich wollte ein neues Design und dies ist dabei herausgekommen. Dafür funktioniert die Seite jetzt besser, kürzere Ladezeiten und andere Verbesserungen.
Juden im Ghetto
Bei der Suche nach einem Webdesigner für meine gecrashte Website fragte ich ein deutsches Mädchen bei Fiverr um Hilfe. Auf dieser Website bieten Freiberufler ihre Dienstleistungen ziemlich günstig an und ich dachte, eine Deutsche könnte meinen Blog schön und flüssig gestalten. Das Mädchen war natürlich sehr an einem neuen Kunden interessiert und nach einigen Messages schickte ich ihr den Link zu meiner Website. Woraufhin sie nicht mehr antwortete.
Als jemand, der mit jüdischer Paranoia aufgewachsen ist, habe ich sofort an mein Liebestern-Logo gedacht, das über meinem Blog thront. Könnte es sein, dass die deutsche Webdesignerin nicht mit einem Juden in Israel zusammenarbeiten will? Warum sonst würde sie einem potenziellen Kunden nicht mehr antworten?
Als nächstes wurde mir ein afroamerikanischer Webdesigner von Fiverr empfohlen, er hatte auf seinem Foto einen Anzug mit Krawatte an und sah sehr seriös aus. Bei ihm passierte jedoch das gleiche. Nach einigem Hin und Her antwortete er mir nicht mehr, nachdem ich ihm meinen Link geschickt hatte.
Kann es wirklich sein, dass Menschen in Deutschland und den USA nicht mit Juden zusammenarbeiten wollen?
Bei allem, was weltweit passiert, scheint mir das nicht weit hergeholt zu sein. Israelische Fußballfans werden in Amsterdam verprügelt, in Kanada und den USA werden Synagogen angegriffen und wer eine Diskussion über Israel in den sozialen Medien liest, wird von einer Welle des Hasses überschwemmt.
Sport- und Kulturveranstaltungen mit Israelis werden aus Sicherheitsgründen abgesagt oder finden unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen oder in Ungarn statt. Israelischen Touristen wird empfohlen, im Ausland nicht oder nur ganz leise Hebräisch zu sprechen. Es gibt viele weitere Beispiele für den Judenhass, der sich zurzeit in großen Teilen der Menschheit zeigt. Und es fühlt sich wirklich so an, als sei Israel das neue jüdische Ghetto, das wir besser nicht verlassen sollten.
Der Talmud hats gewusst
Bei meinem regelmäßigen Talmudstudium habe ich in im Buch Sanhedrin eine Passage gelernt, die die aktuelle Situation sehr gut erklärt: die jüdischen Weisen merken an, dass Juden eine gegenseitige Verantwortung haben. Sündigt ein Jude, wird das gesamte Volk dafür zur Rechenschaft gezogen, wie es im siebten Kapitel des Buches Josua beschrieben wird.
Dort stiehlt der Israelit Achan, nach der Eroberung einer Stadt, einen Teil der Beute, was streng verboten war. Daraufhin sterben bei der nächsten Schlacht 36 Israeliten. Das Volk ist schockiert, da es bisher auf wundersame Weise Kriege führte und keine Verluste erlitt. Josua findet den Schuldigen schließlich, bestraft ihn und die Eroberung Israels kann weitergehen.
Diese Episode verdeutlicht das oben genannte Prinzip der gegenseitigen Verantwortung, denn warum müssen 36 Menschen für die heimliche Sünde Achans sterben?
Die zugrundeliegende Idee ist, dass individuelle Vergehen nicht im Vakuum passieren. Die Gesellschaft schafft zumindest eine Atmosphäre, in der sie möglich sind. Es ist also die Verantwortung jedes Einzelnen, positiv auf seine Mitmenschen zu wirken, vor allem jedoch Führungspersönlichkeiten, wie es bei den 36 getöteten Israeliten der Fall war.
Ich glaube diese gegenseitige Verantwortung unter dem jüdischen Volk zeigt sich im globalen Judenhass, den ich oben beschrieben habe. Juden, die keine Israelis sind, vielleicht sogar Israels Krieg in Gaza und Umgebung verurteilen, werden für den „Völkermord“ an Palästinensern verantwortlich gemacht. Niemand, der einen Juden in der Diaspora angreift, fragt ihn vorher nach seiner politischen Meinung, er ist Jude und für Israels Krieg verantwortlich.
Allerdings funktioniert dieses Prinzip auch in die andere Richtung, zumindest aus Gottes Sicht. Benimmt sich ein Jude seiner Aufgabe entsprechend, indem er die biblischen Gebote einhält, wirkt sich dies positiv auf das gesamte Volk aus. Wie es zum Beispiel in 5. Mose, Kapitel 28 heißt:
„Es wird aber geschehen, wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes, wirklich gehorchst und darauf achtest, alle seine Gebote zu tun, die ich dir heute gebiete, dann wird dich der Herr, dein Gott, als höchstes über alle Völker der Erde setzen. Und alle diese Segnungen werden über dich kommen und dich erreichen, wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorchst:
Gesegnet wirst du sein in der Stadt und gesegnet auf dem Feld. Gesegnet wird sein die Frucht deines Leibes und die Frucht deines Landes, die Frucht deines Viehs, der Wurf deiner Rinder und die Zucht deiner Schafe. Gesegnet wird sein dein Korb und dein Backtrog. Gesegnet wirst du sein bei deinem Eingang, und gesegnet bei deinem Ausgang.
Der Herr wird deine Feinde, die sich gegen dich auflehnen, vor dir geschlagen dahingeben…“
All diese Segnungen für das jüdische Volk hängen vom individuellen Verhalten jedes Einzelnen ab, genauso wie die Flüche, die weiter unten im Kapitel beschrieben werden.
Es klingt auch, als würde die Einhaltung der Gebote ebenfalls im aktuellen Krieg helfen, aber das ist ein Thema für einen eigenen Beitrag.
Wie es weitergeht
Wie Sie sehen, lieber Leser, habe ich viel zu erzählen. Das liegt daran, dass ich im letzten Monat Zeit hatte, über die Zukunft dieses Blogs nachzudenken und beschlossen habe, die Richtung leicht zu ändern.
Als ich vor etwa vier Jahren diesen Blog startete, wollte ich ganz unpolitisch über das Leben in Israel und die Herausforderungen meines Familienlebens schreiben, mit ein paar jüdischen Weisheiten hier und da eingemischt. Nach dem 7. Oktober konnte ich nicht mehr vermeiden, über Politik zu schreiben und diese Beiträge waren meine erfolgreichsten.
Die Geschichten über meine schrecklich jüdische Familie sind wohl weniger interessant, was bei den aktuellen Ereignissen in Israel sehr verständlich ist. Mein Plan für die nahe Zukunft, bis meine Website wieder abstürzt, ist also mehr über die jüdisch-israelischen Ereignisse zu schreiben, die die Welt zurzeit in Atem halten.
Ich werde weiterhin über meine Abenteuer mit der Familie schreiben, aber mich nicht darauf begrenzen. Als deutscher Jude in Israel, der für aufgrund seiner täglichen Arbeit ständig Nachrichten und Analysen über die aktuellen Ereignisse liest, habe ich vielleicht eine Stimme, die sonst wenig gehört wird. Hinzu kommen mein Bibelstudium und mein orthodoxer Lebensstil, die meiner Sicht eine weitere Dimension verleihen, die im deutschsprachigen Raum noch weniger zu hören ist.
Wir leben in einer sehr spannenden Zeit, manche sagen sogar, in einer messianischen Zeit. Israel befindet sich wieder einmal im Mittelpunkt eines weltweiten Sturms, der nicht nur das jüdische Volk betrifft. In diesem Blog versuche ich aus all dem Sinn zu machen, was am besten durch die biblische Perspektive möglich ist, wie wir oben gesehen haben. Ich hoffe, Sie werden mich dabei begleiten, meine Beiträge kommentieren und im tosenden Meer der aktuellen Ereignisse mit mir und meiner schrecklich jüdischen Familie in eine bessere Zukunft segeln.
6 Antworten
Lieber Michael, ich freue mich wieder von Dir zu hören. Deine informativen Berichte gewürzt mit Deinem nie versiegendem Humor erfreuen mein altes Herz (bin heuer 80 geworden). Wir, meine Frau Helga und ich, beten täglich für Dein Land, für Israel, für Eure Volk, für Befreiung der Geißeln, Bewahrung vor und Sieg über alle Eure Feinde … , zu unserem und Eurem Gott, dem Allmächtigen, und zu unserem Herrn Jesus Christus.
Möge der Messias bald wiederkommen und die Herrschaft übernehmen!
Sei gesegnet mit Deinem ganzen Haus und mit Deiner neuen Webseite!
Liebe Grüße Lutz
Schalom Lutz-Henning,
vielen Dank für deinen Kommentar und eure Gebete.
Mögest du und Helga noch bis zum Alter von 120 fit und glücklich sein!
Deine Erfahrung bei Begegnungen mit “Jüdischem” oder “Israelischem” kann ich bestätigen und habe es vielfach ähnlich erlebt.
Hier bei Jewiki gibt es keine entsprechenden Berührungsängste und du kannst gerne dort auch veröffentlichen, einen Artikel über dich, über deinen Blog schreiben usw. und so deine Reichweite erhöhen.
Würde mich freuen, einen weiteren Mitarbeiter zu haben.
Beste Grüsse
Michael Kühntopf
Schalom Michael,
danke für den Vorschlag, klingt sehr gut.
Eine Aufzählung antijüdischer Erfahrungen wäre vielleicht auch eine Idee für deine Wiki-Seite 😉
Lieber Michael, danke für Deinen Bericht! Ich bin mit Dir enttäuscht (wütend) über die Ablehnung, die Du erfahren mußtest. Ich freue mich über die neue Ausrichtung Deiner Website! Als ich 9 Jahre alt war bekam ich die erste Bibel geschenkt mit der Anweisung, täglich darin zu lesen. …. Wie froh bin ich heute (mit 88 Jahren) für die Fülle darin und für die Hoffnung dadurch. … Dein Volk, die Geiseln, das Land Israel, sind täglich in meinen Gebeten. Ich wünsche Dir und Deiner Familie von Herzen Gottes Segen und Schutz! Liebe Grüße! Christa
Vielen Dank für deinen Kommentar Christa,
ich habe die Ablehnungen nicht persönlich genommen 😉
Schließlich habe ich einen israelischen Webdesigner genommen, der etwas teuerer war, aber sich über den Auftrag gefreut hat.
Das ist vielleicht die Lektion, die ich aus dieser Sache lernen sollte: Jüdische Unternehmer zu unterstützen, während wir von vielen Menschen weltweit boykottiert werden.