Als die Bibel noch neu war und die Welt revolutionierte – ein Argument für ihre Glaubwürdigkeit

Heute hat sich die Menschheit fast so weit entwickelt, wie es die Bibel vor 3500 Jahren bereits war.

Für den modernen Menschen sind Menschenrechte normal. Gleichheit vor dem Gesetz? Wie könnte es anders sein! Es war jedoch sehr lange sehr anders. Man vergisst oft, dass die Menschheit Jahrtausende brauchte, um sich auf diese Stufe der Zivilisation hochzukämpfen.

Prof. Rabbi Joshua Berman

Wenn wir heute etwa in der Bibel lesen, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich behandelt werden müssen, zucken wir mit den Schultern. Ist doch normal. Aber als die Bibel dem Volk Israel vor etwa 3500 Jahren vorgestellt wurde, waren diese gesellschaftlichen Ideen nicht nur revolutionär, sondern einfach undenkbar.

Rabbi Joshua Berman, Professor an der Bar-Ilan Universität in Tel Aviv, erklärt in seinem Buch Ani Maamin (ich glaube), wie der historisch, kulturelle Kontext des antiken Nahen Ostens dabei hilft, die Bibel besser zu verstehen. Der Kontext hilft jedoch nicht nur dabei die Bibel besser zu verstehen, er stützt auch den Glauben an die Göttlichkeit der Bibel.

Eine hierarchische Welt

Zu Beginn seiner Darstellung erklärt Prof. Rabbi Berman, dass die Privilegien der Aristokratie erst während der Revolutionen in Europa des 18. Und 19. Jahrhunderts abgeschafft wurden. Kastensysteme, feudale Hierarchien und Sklaverei waren bis dahin normal.

Genauso war es bei den alten Griechen und Römern. „Die Griechen und Römer hatten einen starken Glauben an die Harmonie der verschiedenen Klassen“, schreibt Berman.

Ebenso sah es im Mittelalter und in den Reichen des Fernen Ostens aus, nirgends findet sich die Idee der Gleichheit. Im Gegenteil, „die Idee der sozialen Mobilität war nicht nur unbekannt, sie war undenkbar“.

„Die modernen Ideen freier Wahl und Chancengleichheit wären für Menschen dieser Zeiten ein sicheres Rezept für Anarchie und Chaos“, schreibt Berman. „In den Büchern der Tora ist der erste Grundriss einer sozialen und religiösen Ordnung zu finden, der Hierarchien einzudämmen versucht und das Wohlergehen des einfachen Menschen in den Mittelpunkt stellt.“

Der Exodus machte alle gleich

Prof. Rabbi Berman erklärt weiter, dass die Menschen vor 3500 Jahren kein Problem damit hatten, an die in der Bibel dargestellten Wunder zu glauben. Götter konnten alle möglichen Wunder vollbringen. Was sie jedoch schwer glauben konnten, waren die politischen Implikationen der biblischen Wunder. Es war noch nie vorgekommen, dass sich Sklaven von ihren Meistern befreien und dass Götter zu einem ganzen Volk sprechen. Das Sklaven- und das Priestersystem, das für die Kommunikation mit den Göttern zuständig war, galten damals als natürlicher Zustand der Welt.

Der Exodus und der Empfang der Gesetze am Sinai jedoch machte aus dem Volk Israel eine einheitliche Nation, ohne König, Aristokratie oder Klassen.

Hinzu kommt die Tatsache, dass in der Tora immer wieder darauf bestanden wird, dass sie dem Volk vorgelesen wird. Die Geschichten und Gesetze der Bibel sollten im gesamten Volk verbreitet sein und nicht einer bestimmten Schicht gehören, die Macht durch Wissen besitzt. Die gesellschaftliche Pyramide wurde dadurch flachgedrückt. Nicht mehr arbeitete die Mehrheit für eine kleine Minderheit, nicht mehr war der Kontakt zu Gott und das Wissen über ihn in der Hand einer bestimmten Klasse, es gab in Israel nur ein Volk, in dem alle gleich waren. (Über die Kohanim, die jüdische Priesterklasse unten mehr).

Über und unter dem Gesetz

Im Bereich der Politik und der Gesetze des Volkes zeigt sich ein weiterer radikaler Unterschied zu den Völkern der Zeit. Während überall der König die Gesetze für seine Untertanen machte, jedoch selbst nicht durch diese gebunden war, sind alle Institutionen Israels dem Gesetz der Tora unterstellt. Die Judikative, die Priester, die Monarchie und sogar die Propheten.

Weiterhin wird an vielen Stellen der Bibel das Volk als „Ihr“ angesprochen, wenn es um die Schaffung und Einsetzung der staatlichen Institutionen spricht. „Ihr sollt euch Richter ernennen!“, „Ihr sollt euch einen König aussuchen!“, heißt es in der Bibel.

„Für die Monarchen des antiken Nahen Ostens wäre die Idee, dass die Masse – die überall sonst Diener und Sklaven war – irgendeinen Einfluss auf die Personen haben sollte, die über sie regieren, einfach unvorstellbar“, schreibt Prof. Rabbi Berman.

Auch ein jüdischer König, wie er in der Tora dargestellt wird, war nur ein Schatten seiner Amtskollegen in den Nachbarländern. „Überall spielte der König eine zentrale Rolle in der Religion des Volkes, in Israel spielt er keine“. Der König steht politisch wie alle anderen Israeliten ebenfalls unter dem Gesetz der Tora, er soll nicht zu viele Frauen und Pferde haben, seine politischen Ehen und die Stärke der Armee wurden ihm durch das Gesetz eingeschränkt.

Außerdem war die Institution des Königs vom Richtertum getrennt, ebenso von den Priestern. Hier gab es zum ersten Mal eine Gewaltenteilung und zwar keine, die auf Stand und Klasse basiert, denn jeder konnte theoretisch Richter oder König werden. Bis zum Jahr 1748, als Montesquieu seinen Vorschlag der drei Staatsgewalten veröffentlichte, hat die Welt solch eine Idee nicht wieder gehört.

Gott der Wirtschaftsweise

Ein Merkmal der ökonomischen Situation im antiken Nahen Osten war die unsichere Situation des Grundbesitzes für das Volk. Wenn es Privatbesitz gab, dann war er durch Dürren und Kriege immer in Gefahr, wie es in der Geschichte von Joseph in Ägypten beschrieben wird. Der Sprung von Landwirt zu Sklave war nicht groß, wenn es diesen Unterschied überhaupt gab.

In der Tora hingegen steht nichts über Landbesitz für den König oder die Priester. Stattdessen wird das gesamte Land unter den Bürgern aufgeteilt, die alle vor dem Gesetz gleich sind. „Die Idee, dass weite Teile verfügbaren Landes unter den einfachen Bürgern aufgeteilt wird, war beispiellos,“ schreibt Berman.

Die Aufteilung Israels unter den 12 Stämmen. Der Priesterstamm Levi hat kein Land erhalten.

Die Tora sagt auch nichts über Steuern, die natürlich für die Führung eines Staates notwendig sind. „Es scheint, die Tora stellte sich ein Steuersystem vor, das nicht göttlich sanktioniert ist, wie es in den Nachbarländern der Fall war. Gott war kein Steuereintreiber“.

Abgaben an die Priester, die Kohanim und Leviim, wurden in der Tora festgelegt, der sogenannte Zehnte, aber dafür erhielten die Priester kein Land. In manchen Abschnitten der Bibel wird der Stamm Levi, der auch die Kohanim beinhaltet, im Zusammenhang mit anderen Kategorien Unterpriviligierter zusammengefasst. In bestimmten Jahren wird diese Abgabe an die Leviim ganz ausgesetzt und stattdessen an Arme verteilt – das erste bekannte soziale Netzwerk.

Kann man sich heute ein Leben ohne Wochenende vorstellen? Schwerlich. Die Einführung des Schabbats, des Ruhetags am Ende einer sechstägigen Arbeitswoche, ist eine Erfindung der Tora. Nirgends im Nahen Osten gab es bis dahin die Idee einer Woche. Monate und Jahreszeiten konnte man beobachten, aber die Woche, wie wir sie kennen hat seine Wurzeln nicht in der Natur, sondern in der Schöpfung der Welt, wie sie in der Bibel dargestellt wird.

Folge dem Geld

Wer profitiert von der hier beschriebenen Gesellschaftsordnung? Der König, die Priester, die Weisen, der Adel, es gibt niemanden, der durch diese Ordnung mehr Macht, Geld oder Einfluss gewinnt. Im Gegenteil, ginge es um diese Dinge, müssten die entsprechenden Parteien im starken Gegensatz zu der Gesellschaft der Bibel stehen. Die üblichen Verdächtigen verlieren durch die Gesetze der Tora und stehen im starken Gegensatz zu den Herrschern der Nachbarvölker.

„Im gesamten Nahen Osten war die Wahrheit offensichtlich, dass alle Menschen nicht gleich sind,“ schreibt Berman. Die Hierarchien der antiken Völker wurden nicht als Problem gesehen, sondern als Garant für das Funktionieren des Staates.

Abschließend schreibt Prof. Rabbi Berman, „Zum ersten Mal in der Geschichte präsentierte die Tora eine Vision für die Masse mit einem radikal neuen Verständnis von Gott und dem Menschen. Die Bibel führte ein neues Verständnis von Gesetz, politischer und militärischer Macht, Steuern und sozialer Wohlfahrt ein. In der Tora finden wir eine Plattform für eine soziale Ordnung mit dem Stempel des Göttlichen. In der Geschichte der Politik kann man sich kein anderes Dokument vorstellen, das so viel in solcher Anonymität revolutionierte und das mit so wenig Vorgeschichte, die als Inspiration gedient haben könnte.“

Wer die Gesetze der Bibel heute als überholt ansieht, sollte sie einerseits in ihrem historischen Kontext sehen, aber auch, wie Berman an einer anderen Stelle im Buch beschreibt, als Ausgangspunkt für eine konkrete Legislative. Die genaue Ausarbeitung lag später in der Hand der Richter, die die Gesetze an die jeweilige Situation ihrer Zeit anpassten und weiterhin anpassen.

Wenn man also die Tora in ihrem historischen Kontext sieht, kann man erkennen, wie wahrhaft revolutionär sie damals war.

Kann solch ein revolutionäres Dokument von Moses oder einer Gruppe Rabbis in späterer Zeit erschaffen worden sein? Der israelische Promi Uri Zohar bereits in einem anderen Blogeintrag bewiesen, dass dies nicht sein konnte.

Die vielen hier dargestellten enormen Unterschiede zu den Nachbarvölkern der damaligen Israeliten können uns kritische Denker heutzutage möglicherweise auch einmal zum selbstkritischen Denken anstoßen. Wer hätte sich vor 3500 Jahren solch ein Gesellschaftssystem ausdenken können, von dem niemand profitiert (außer dem Normalbürger) und das seit seinem Entstehen im starken Gegensatz zu allen anderen Völkern steht?

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