Wer mit Israelis zu tun hatte, kennt sicherlich ihren Sarkasmus und ihre Respektlosigkeit, auch Chuzpa genannt. Diese Eigenschaft ist jedoch nicht im Laufe der Jahrtausende entstanden, sondern scheint zur genetischen Ausrüstung der Israeliten zu gehören. Genauso wie Israelis heute miteinander und mit Autoritäten sprechen, taten es bereits die alten Israeliten.
In der Bibel sehen wir ein Beispiel der jüdischen Chuzpa nach dem Auszug aus Ägypten. Das Volk Israel hat gerade seine Fesseln der Sklaverei abgeworfen und lagert vor dem Schilfmeer, das sich später für sie spalten wird. Das wissen die Israeliten jedoch noch nicht und als die Armee des Pharao anrückt, bekommen es einige mit der Angst zu tun:
„Und als der Pharao nahe zu ihnen kam, erhoben die Kinder Israels ihre Augen, und siehe, die Ägypter zogen hinter ihnen her! Da fürchteten sich die Kinder Israels sehr, und sie schrieen zum Herrn. Und sie sprachen zu Mose: Gibt es etwa keine Gräber in Ägypten, daß du uns weggeführt hast, damit wir in der Wüste sterben? Warum hast du uns das angetan, daß du uns aus Ägypten herausgeführt hast?“
(2. Mose 14, 10-11)
Man kann sich sehr gut vorstellen, wie Israelis auch heute ähnliche rhetorische Fragen nutzen, um sich bei Premierminister Netanjahu zu beschweren.
Im langjährigen Exil kamen jedoch weitere spezifisch jüdische Aspekte des Witzes hinzu. Siegmund Freud gibt uns eine allgemeine Definition des Witzes, die jedoch besonders für den jüdischen Witz charakteristisch ist:
„Witz ist die Waffe des Mannes, der weder mit Schwert noch geistig im direkten Angriff vorgehen kann oder will, es ist die Waffe des Geschlagenen, der an die Möglichkeit eines Sieges überhaupt nicht denkt.“
Die geschlagenen Juden konnten ihre Peiniger jahrtausende lang nur mit der Waffe des Witzes bekämpfen. Kein Wunder, dass die Erlösung so lange auf sich warten ließ.
Ein Beispiel eines Witzes, der es den Antisemiten im alten Europa so richtig gezeigt hat:
Als den Juden in Deutschland von den Behörden ihre merkwürdigen Namen aufgezwungen wurden, kam ein Mann bedrückt von den Beamten zurück.
Neugierge Ehefrau: „Und, wie heißen wir nun?“
Ehemann: „Schweißloch“
Ehefrau: „Oy Gewalt! Konntest du dir nicht etwas Anständiges aussuchen?“
„Was heißt aussuchen! Bei der Räuberbande von Beamten kostete mich allein das W zusätzliche 20 Gulden!“
Vielleicht hat das Exil die Juden auch gelehrt, sich selbst nicht so ernst zu nehmen und wie im Witz oben, auch auf eigene Kosten für Lacher zu sorgen. Dies ist ebenfalls zu einem Markenzeichen des jüdischen Humors geworden:
Richter: „Zeuge, wie heißen Sie?“
Zeuge: „Mendel Berisch Weinbaum.“
„Sie sind wohl Jude?“
„Jawohl. Und ich bin stolz drauf!“
Der Richter nach einem Blick in die Akten: „Dazu liegt keine Veranlassung vor.“
Nach der Gründung des modernen Israel, kam der einzigartige Aspekt der Rückkehr ins Gelobte Land zu den Eigenschaften des jüdischen Witzes hinzu:
„Wie geht es Sandberg?“
„Der ist in Italien und baut den Sozialismus auf.“
„Und was macht der Lipschitz?“
„Der hat einen herrlichen Posten in England; er baut dort den Sozialismus auf.“
„Und was hört man vom Diamant?“
„Der ist in Israel…“
„… und baut den Spzialismus auf, ich weiß.“
„Bist du meschugge, doch nicht im eigenen Land!“
Aber nicht nur hat der Jude den Witz entwickelt, der Witz hat auch den Juden entwickelt. Wie ich am Schabbat in meiner Synagoge immer wieder erlebe, sind Juden wandelnde Witzmaschinen. Wir erzählen uns gerne gegenseitig Witze und wenn uns zu Hause nicht die Familie erwarten würde, würden wir den gesamten Schabbat damit verbringen in der Synagoge Hering zu essen und uns Witze zu erzählen. Nach einigen Heringen wird die Stimmung in der Synagoge lockerer und auch die Witze werden etwas grober. Darunter hat auch der Rabbi zu leiden.
Einmal kam ein reicher, aber etwas grober Besucher in die Synagoge und nach dem Gottesdienst ging er zum Rabbi und schüttelte seine Hand.
„Das war eine saugeile Rede, die Sie da gehalten haben, Rabbi,“ sagte der Besucher.
„Ach, vielen Dank,“ antwortete der Rabbi, „aber ich würde es bevorzugen, wenn Sie im Gotteshaus nicht solch eine Sprache benutzen würden.“
„Ihre Rede, lieber Rabbi, war sogar so saugeil, dass ich beschlossen habe, 50.000 Schekel für die Synagoge zu spenden.“
„Ohne Scheiß?!“ Antwortete der Rabbi.
Ein anderes Mal kamen drei reiche jüdische Männer mit ihren Ehefrauen ins Büro des Rabbiners, um ihren Status als “beitragende” Mitglieder der Synagoge mit ihren 100.000-Schekel-Spenden zu erhalten.
Der Rabbi sagte ihnen: “Sie müssen jeweils einen Monat lang auf Sex verzichten, um in unserer Synagoge willkommen zu sein.”
Als die Paare einen Monat später wiederkamen, saßen sie alle wieder im Büro des Rabbis.
Der Rabbiner fragte das erste Ehepaar in den 60ern… “Also, erzählt mal, wie ist dieser Monat der Enthaltsamkeit gelaufen?”
Der Ehemann sagte… “Nun, es war hart, aber wir haben es geschafft.”
“Herzlich willkommen in unserer Synagoge”, sagte der Rabbiner.
Zu dem zweiten Ehepaar in den 40ern: “Und bei Ihnen ist alles gut?
Der Ehemann antwortete: “Die letzte Woche war hart, aber wir haben es mit kalten Duschen geschafft.
“Herzlichen Glückwunsch und willkommen in unserer Synagoge”, sagte der Rabbiner.
Der Rabbiner wandte sich an das dritte Ehepaar in den 30ern, die beide auf den Boden schauten. “Und wie ist Ihr Monat der Enthaltsamkeit verlaufen?”
“Es hätte besser sein können”, sagte der Ehemann, ohne vom Boden aufzusehen. “In der letzten Woche stieg meine Frau auf eine Leiter…und naja…ich bin einfach durchgedreht.”
“Sie sind in unserer Synagoge nicht willkommen”, sagte der Rabbi.
Die Frau sagte leise: “Wir sind auch im Baumarkt nicht mehr willkommen.”
Jetzt muss ich aber aufhören, die Familie wartet. Zum Schluss noch mein neuer YouTube-Witz über Goldberg, der die Welt kennt: