Letzte Woche sind wir endlich in den lang ersehnten Strandurlaub gefahren. Wir haben uns bisher meistens in Netanja erholt, aber in diesem Jahr habe ich bei Airbnb eine schöne Wohnung in Bat Yam gefunden. Unser Apartment lag direkt an der Strandpromenade und wir konnten beim Abendessen auf unserem Balkon den Sonnenuntergang sehen.
Bat Yam
Als ich den Kindern vor einigen Wochen erzählt hatte, dass wir nach Bat Yam fahren, waren sie ganz aufgeregt, denn Bat Yam bedeutet wörtlich Tochter des Meeres, oder besser Meerjungfrau. So ein Name heizt natürlich die Fantasie kleiner Mädchen an und als wir schließlich in die Stadt fuhren, waren sie ganz enttäuscht, dass sie überhaupt nicht an eine Meerjungfrau erinnerte.
Sie hatten sich wahrscheinlich keine normale, graue israelische Stadt vorgestellt, sondern eine, die mehr rosa, hellblau und türkis (die aktuelle Lieblingsfarbe meiner drei Töchter) gehalten war.
Leider ist Bat Yam keine besonders schöne Stadt. Die älteren Gebäude sehen ziemlich heruntergekommen aus, während in der Nähe des Strandes unzählige Baustellen neue Wolkenkratzer hochziehen.
Bat Yam hat den Ruf, ein günstiger Vorort von Tel Aviv zu sein, da die Stadt direkt an die Metropole grenzt, aber nicht von ihrem Glanz bestrahlt wird. Etwa 160.000 Menschen leben in der Stadt, von denen ein großer Teil aus der ehemaligen Sowjetunion stammt.
Der Strand
Das Herz der Stadt ist der lange Sandstrand, an dem moderne Hochhäuser neben alten, eher hässlichen Gebäuden um die besten Plätze an der Promenade konkurrieren.
Wenn man vom Wasser in Richtung Küste schaut, sieht man die schicken neuen Gebäude neben den alten, die dringend eine Renovierung benötigen. In einem dieser alten Häuser hatten wir unser Apartment gemietet, das von innen allerdings viel einladender aussah.
Um zum Strand zu gelangen, mussten wir nur eine Straße überqueren. Dort nahmen wir uns eine Liege direkt am Wasser, so dass ich die Kinder beim Spielen und bei ihren Schwimmversuchen beobachten konnte.
Meine drei Töchter (10, 8 und 7 Jahre alt) konnten am Strand von Bat Yam das Schwimmen besonders gut üben, weil es hier Wellenbrecher gibt, die verhindern, dass große Wellen an die Küste gelangen. Wir hatten kleine Surfboards für die Mädchen gekauft und eine Luftmatratze für unseren Teenager, so dass sie sich alle im ruhigen Wasser vergnügen konnten, während ich es mir auf meiner Liege unter dem Sonnenschirm bequem machte.
Im Laufe des Tages wärmte sich der weiße Sand am Strand sehr auf, genauso wie das Wasser, das am Nachmittag lauwarm war und kaum Erfrischung von der Hitze bot. Das Thermometer am Turm der Rettungsschwimmer zeigte an einem Tag sogar 39 Grad an, die Wassertemperatur lag sicherlich nicht sehr weit darunter.
Als gute Familie aus Deutschland haben wir uns vor dem Strandbesuch sorgfältig mit einer dicken Schicht Sonnencreme mit Schutzfaktor 50 eingecremt, wobei ich besonders meine sehr weiße Stelle am Kopf schützen musste, die normalerweise von meiner Kippa bedeckt ist.
Passend zum Thema Strand habe ich auf dem YouTube Kanal des Fernsehers in unserer Wohnung eine jüdische Band gefunden, die Reggae spielte. Während wir uns eincremten, die Handtücher, Spielsachen und Surfboards vorbereiteten, dröhnten laute, jüdische Jamaika-Beats aus unserem Fernseher, so dass wir all diese Vorbereitungen tanzend erledigten.
Der Krieg
Vor Beginn unseres Urlaubs fürchtete ich, der Krieg im Norden könnte mit voller Stärke beginnen. Die Hisbollah musste sich für die Tötung ihres Kommandanten rächen und wartete wahrscheinlich nur darauf, dass wir in den Urlaub fahren.
Anders als unsere Wohnung in Bet Shemesh, hatte die Wohnung in Bat Yam kein Bunkerzimmer. Wir hätten also im Falle eines Raketenalarms in den gemeinschaftlichen Bunker des Gebäudes laufen müssen. Das war keine gute Aussicht, aber glücklicherweise ist nichts dergleichen passiert.
Während meiner Arbeit sitze ich fast den ganzen Tag vor dem Computer und lese Nachrichten und es tat mir sehr gut, im Urlaub den Krieg einige Tage auszublenden. Aber auch am Strand konnte man den Krieg nicht vergessen. Ständig flogen Flugzeuge und Hubschrauber über uns hinweg, die auf gerader Linie nach Gaza und zurückflogen.
Wir sahen Kriegshubschrauber und Flugzeuge, die wie zivile Flieger aussahen, aber scheinbar die Küste patrouillierten. Dann gab es noch weiße Hubschrauber, die relativ schnell flogen und wir vermuteten, dass sie zu Krankenhäusern gehörten und verletzte Soldaten transportierten. Wenn wir sie sahen, sprachen wir ein kurzes Gebet für die Genesung der Passagiere.
Der Laufsteg
Am Abend taten wir, was anscheinend ganz Bat Yam tut: auf der Promenade spazieren gehen.
Auf der einen Seite, einen kleinen Abhang hinunter, liegt das Meer mit einigen Cafés direkt am Wasser und auf der anderen Seite der Promenade muss man nur eine Straße überqueren, um eine weitere große Auswahl an Restaurants und Cafés zu besuchen. Über der Straße hingen blau-weiße Lichter, während eine gedämpfte Beleuchtung auf der Promenade eine gemütliche Atmosphäre schaffte.
Da wir uns in den Sommerferien befinden, waren viele junge Israelis unter den Spaziergängern und ich musste daran denken, dass ich in Friedenszeiten wohl viel mehr von ihnen sehen würde. Außer mir schien jedoch niemand an den Krieg zu denken, denn die gute Stimmung an der Promenade war deutlich spürbar.
Das stimmt jedoch nicht ganz, denn meine Kinder waren eher gelangweilt.
„Wohin gehen wir eigentlich?“, fragte Sarah
„Wir spazieren nur und schauen uns die schöne Stadt an,“ antwortete ich.
„Gibt es hier keinen Spielplatz?“, fragte Racheli.
„Wir sind hier an der Strandpromenade, wo soll denn hier ein Spielplatz sein?“
„Wie weit müssen wir noch gehen?“, fragte Naomi.
„Wir drehen jetzt um und gehen nach Hause.“
„Können wir noch einen Eiskaffee auf dem Rückweg kaufen?“, fragte David.
„Ja Eiskaffee!“ schrien alle Kinder gleichzeitig.
Die armen, müden Kinder brauchten wohl dringend einen Aufputscher, um den zehn-minütigen Rückweg nach Hause zu schaffen und ich ließ mich überreden, Eiskaffee für die ganze Familie zu kaufen. Dadurch konnte auch ich den Krieg für kurze Zeit vergessen und mich stattdessen auf meine finanziellen Herausforderungen konzentrieren.