Pejot – Das Geheimnis der jüdischen Schläfenlocken

Warum lassen sich einige Juden ihre Haare an den Schläfen wachsen?

In Israel sieht man oft religiöse jüdische Männer mit langen Schläfenlocken, auch Pejot genannt, oder auf Jiddisch, Pejes. Es gibt verschiedene Arten von Pejes, geringelte bis zur Schulter, lange gerade fast bis zum Gürtel, hinter den Ohren zusammengebundene, kurze abstehende und weitere kreative Stile.

Einmal stand ich im Bus neben einem chassidischen Teenager, der während der gesamten Fahrt an seinen Pejes herumfummelte. Er war vielleicht spät dran und hatte zu Hause keine Zeit gehabt, seine Haarpracht in Ordnung zu bringen. Seine Pejes glitzerten ölig und waren geringelt wie eine Schraube. Er drehte sie dauernd um seinen Zeigefinger und dann drückte er sie mit seiner Hand-Innenfläche leicht nach oben, bis sie auf der einen Seite die gewünschte Form hatten, um dann zur anderen Seite zu wechseln, wo sich das Styling-Ritual wiederholte. Nach etwa zehn Minuten stieg er aus, wobei er gedankenverloren an seinen Pejes herumzwirbelte.

Es ist jedoch bei weitem nicht nur eine chassidische Mode, seinen Kopf mit Pejes zu schmücken, auch jemenitische Juden, die lange isoliert gelebt haben, trugen und tragen sie. Die Jemeniten nannten sie jedoch Simanim – Zeichen und nicht Pejot – Ecken, Ränder.

Auch sollten Pejes nicht mit den Koteletten verwechselt werden, die bei Kaiser Wilhelm I und Elvis Presley in Mode waren. Koteletten sind Teil des Gebots, aber die langen Schläfenlocken wachsen an den Schläfen.

Kaiser Wilhelm I und Elvis hatten keine jüdische Frisur.

Biblischer Ursprung

Das dritte Buch Mose beginnt sein 19. Kapitel mit dem Satz, „Und der Herr redete zu Mose und sprach: Rede mit der ganzen Gemeinde der Kinder Israels und sprich zu ihnen: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr, euer Gott!“

Im Folgenden werden viele Gebote vorgestellt, deren Befolgung die Kinder Israels heiligen. Da gibt es sehr schöne Gebote wie „Ihr sollt jeder Ehrfurcht vor seiner Mutter und seinem Vater haben und meine Sabbate halten, denn ich, der Herr, bin euer Gott.“ Oder „Auch sollst du nicht Nachlese halten in deinem Weinberg, noch die abgefallenen Beeren deines Weinberges auflesen, sondern du sollst es dem Armen und dem Fremdling lassen; denn ich, der Herr, bin euer Gott.“

Die Bibel zeigt sich hier von ihrer besten Seite und Teil dieser schönen Gebote ist auch das über das Kopfhaar: „Ihr sollt den Rand (Peat – פְּאַת) eures Haupthaares nicht rundum abschneiden, auch sollst du den Rand (Peat) deines Bartes nicht beschädigen.“

Dies ist der Vers, der die Grundlage für die jüdischen Schläfenlocken bildet. Da die Verse vor und nach dem über die Kopfhaare von Zauberei und Götzendienst handeln, scheint es, dass der Zweck der Pejes ist, sich von diesen Götzendienern abzusetzen.

Der Talmud erklärt, dass sich der Begriff “Ränder” auf das Haar zwischen den Ohren und den Schläfen bezieht. “Abrunden der Ränder” bezieht sich auf das Entfernen der Koteletten, so dass eine gerade Haarlinie von der Stirn bis hinter die Ohren entsteht. Dieses Verbot gilt nur für Männer.

Es ist allgemein anerkannt, dass sich die Breite des Pejot-Bereichs von der Stirn bis hinter das Ohr, einschließlich der Schläfe, erstreckt. Was die Länge des Pejot-Bereichs betrifft, so ist sie umstritten. Einige sind der Meinung, dass er sich bis unter das Ohr erstreckt, während andere meinen, dass er bis zur Seite des Ohrs reicht.

Warum so lang?

Ein alter Hebräer mit Tzitzit

Obwohl Koteletten ausreichen, um das Tora-Gebot des Pejot zu erfüllen, lassen sich viele Juden ihre Pejot lang wachsen, um das Gebot zu erhöhen, oder um sich einfach als Juden zu identifizieren.

Außerdem ist bekannt, dass Rabbi Yitzchak Luria (Arizal) aus kabbalistischen Gründen darauf achtete, seine Pejot mit einer Schere zu schneiden, damit sich die Haare der Pejot nicht mit denen des Bartes vermischen, da sie verschiedenen mystischen Eigenschaften entsprechen.

Andere Mystiker erklären, dass die Pejes zwischen dem vorderen Teil des Gehirns, der für das abstrakte Denken, die Spiritualität zuständig ist, und dem hinteren Teil des Gehirns, der den Körper steuert, liegen.

Es gibt noch verschiedene andere Bräuche in Bezug auf Pejot. Einige dieser Bräuche beruhen auf mystischen Lehren, während andere eher auf Traditionen der verschiedenen Gemeinden beruhen. Wichtig ist jedoch, dass all diese verschiedenen Bräuche über die grundlegende Anforderung der Pejot hinausgehen.

Die Tzitzit kennzeichnen einen Juden an seiner Kleidung, die Beschneidung an seinem Körper und die Pejes an seinen Haaren. Viele tragen sie mit Stolz und einige sogar als Haarschmuck, wie der Chassid im Bus. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob sie gut aussehen. Zu meiner Halbglatze würden sie wahrscheinlich nicht passen, zusammen mit einem Vollbart und einer schönen Frisur können sie einen Mann vielleicht doch schmücken. Aber das muss jede Ehefrau selbst entscheiden.

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